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Perspektive

zur Debatte vom 16. November 2025
Sollte die verbale sexuelle Belästigung Catcalling strafbar werden?
Contra

Der Staat sollte sich lieber um andere Probleme kümmern, um Frauen zu helfen

Die Perspektive in 30 Sekunden

Für Kaja Klapsa steht außer Frage, dass die verbale sexuelle Belästigung Catcalling inakzeptabel und oft grenzüberschreitend ist. Dennoch ist sie dagegen, dass Catcalling strafbar wird. Ihre Zweifel macht die Politikredakteurin bei der Wochenzeitung DIE ZEIT an drei konkreten Punkten fest.

Erstens ist demnach auch in den Augen von Fachleuten schwer abgrenzbar, wann die Schwelle zu einer Straftat tatsächlich erreicht sein könnte. „Während einige Fälle eindeutig sind, gibt es viele anzügliche Kommentare, die für einige im Rahmen bleiben, während sie andere traumatisieren“, gibt Klapsa zu bedenken. Zweitens weisen Fachleute laut Klapsa auch darauf hin, dass Betroffene häufig nicht unter einer einzelnen Situation leiden, sondern unter der Summe der Erlebnisse. Klapsa führt hier ein Beispiel an, in dem eine Frau immer wieder von unterschiedlichen Männern an unterschiedlichen Plätzen belästigt wird. Und drittens hält Klapsa das Strafrecht auch nicht für das geeignete Instrument, um die Gesellschaft für das Problem zu sensibilisieren. „Dieses ist das schärfste Schwert des deutschen Rechtsstaats – und kein gesellschaftspolitisches Sensibilisierungsinstrument“, macht sie deutlich.

In Klapsas Augen gibt es für Frauen weit schwerwiegendere Probleme, um die sich die Politik dringend kümmern sollte. Dazu zählt sie etwa die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. „Bis heute werden Frauen, die selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden, zu Kriminellen erklärt, die nur unter besonderen Bestimmungen straflos bleiben“, so Klapsa. Weitere Baustellen sind ihr zufolge eine Verschärfung des Tatbestands Stalking, mehr Schutz im digitalen Raum oder ein höherer Strafrahmen für Gruppenvergewaltigungen.

Anmerkung der Redaktion

Kaja Klapsa ist Journalistin und Redakteurin im Politikressort bei der Wochenzeitung DIE ZEIT. Zuvor hat sie sechs Jahre lang im innenpolitischen Ressort bei der Tageszeitung DIE WELT gearbeitet und bei der Axel-Springer-Akademie ihre journalistische Ausbildung absolviert. 2023 war sie durch ein Stipendium bei der Politikzeitschrift POLITICO in Washington D.C. aktiv. Sie ist 2019 vom MEDIUM MAGAZIN unter die „Top 30 Journalisten unter 30“ gewählt worden. Klapsa hat Politikwissenschaft in Berlin und Amsterdam studiert.

DIE ZEIT ist die größte deutsche Wochenzeitung und hat ihren Sitz in Hamburg. DIE ZEIT erscheint seit 1946 und wurde von ihren ersten beiden Chefredakteuren Ernst Samhaber und Richard Küngel zunächst als rechtskonservatives Blatt ausgelegt. Erst in den 1960er Jahren wurde die Wochenzeitung durch Marion Gräfin Dönhoff und den langjährigen Chefredakteur Theo Sommer als liberales Medium ausgerichtet. Dönhoff prägte DIE ZEIT bis 2002 und hat sie von 1968 bis 1972 herausgegeben, ab 1983 gemeinsam mit Altkanzler Helmut Schmidt (SPD). In gesellschaftspolitischen Fragen gilt DIE ZEIT als grundsätzlich (links-)liberal, hat allerdings auch viele Gastbeiträge aus dem gesamten Meinungsspektrum oder stellt Beiträge mit gegensätzlichen Meinungen gegenüber. Der NDR urteilt, DIE ZEIT gelte als „Blatt der Akademiker und Intellektuellen“ – und sei damit durchaus erfolgreich. Tatsächlich gehört DIE ZEIT zu den wenigen deutschsprachigen Printmedien, die seit der Digitalisierung an Auflage gewonnen haben. Zuletzt lag die verkaufte Auflage bei rund 633.000 Exemplaren (IVW Q2/2025).

Originalartikel
Strafrecht ist kein Sensibilisierungsinstrument
DIE ZEITKaja Klapsa
03.09.2025 · 2 Minuten · Deutsch
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