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Perspektive

zur Debatte vom 20. August 2024
Braucht Deutschland wieder eine Wehrpflicht?
Contra

Die Strukturen für eine Wehrpflicht sind gar nicht mehr vorhanden

Die Perspektive in 30 Sekunden

Für Christian Kerl wäre die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland aus verschiedenen Gründen ein Fehler. Aus Sicht des Brüssel-Korrespondenten der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG (WAZ) steht erstens der Aufwand nicht im Verhältnis zum Ertrag. Denn es bräuchte auch eine entsprechende Infrastruktur mit Ausbildern, Material, Standorten und Kasernen. „Der Umbau würde die Truppe gerade in diesen Krisenzeiten vorübergehend nicht stärken, sondern schwächen“, glaubt Kerl.

Des Weiteren besteht laut Kerl schlicht kein strategischer Bedarf. Im Verbund mit 31 NATO-Partnern müssten gut ausgebildete Soldat:innen „sofort“ und „in beeindruckender Zahl kampfbereit an Krisenplätze etwa ins Baltikum verlegt werden“. Das sei kein Job für Wehrpflichtige, deshalb brauche Deutschland keine „Heerscharen“ an Reservisten, resümiert der WAZ-Journalist mit Expertise zu NATO- und EU-Themen.

Zuletzt äußert Kerl auch politische und verfassungsrechtliche Bedenken, wenn künftig nicht nur Männer, sondern auch Frauen Wehrdienst leisten sollten, „wie es dem modernen Gesellschaftsbild auch der Bundeswehr entspräche“, so der WAZ-Autor. Um das Grundgesetz entsprechend zu ändern, bräuchte es hierfür eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Eine Grundgesetzänderung wäre ebenso für die allgemeine Dienstpflicht über das Militär hinaus erforderlich. Doch ob eine solche zustandekommt, hält Kerl für mehr als fraglich.

Anmerkung der Redaktion

Christian Kerl ist Journalist und seit 2015 Teil der FUNKE Zentralredaktion und berichtet neuerdings aus Berlin über Sicherheits- und Außenpolitik. Seine Beiträge erscheinen unter anderem bei der BERLINER MORGENPOST und der NEUEN WESTFÄLISCHEN. Von 2017 bis 2025 war er für die Redaktion als Brüsseler Korrespondent tätig und berichtete über die EU und die Nato. Davor war er bereits schon einmal insgesamt16 Jahre lang bundespolitischer Korrespondent im Berliner Hauptstadtbüro der Mediengruppe. Er hat bei der GOSLARSCHEN ZEITUNG volontiert und anschließend für den DEUTSCHEN DEPESCHEN DIENST und die FREIE PRESSE in Chemnitz gearbeitet. Kerl schreibt ebenfalls regelmäßig Beiträge für die WAZ.

Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (WAZ) ist die größte deutsche Regionalzeitung. Erstmals erschien sie im Jahr 1948. Ihr Hauptsitz ist in Essen, sie erscheint jedoch im gesamten Ruhrgebiet. Im Laufe der Jahre wurden mehrere andere Zeitungen aufgekauft und die „Zeitungsgruppe WAZ“ entstand, die 1997 in „WAZ Mediengruppe“ umbenannt wurde. Heute wird die WAZ von der Funke Mediengruppe herausgegeben. Überregionale Themen werden von der Zentralredaktion in Berlin bearbeitet. Chefredakteur der WAZ ist Andreas Tyrock mit seinem Stellvertreter Alexander Marinos. Die Geschäftsführung übernehmen Andrea Glock, Simone Kasik, Thomas Kloß und Christoph Rüth. Wie zahlreiche andere Zeitungen hat auch die Funke Mediengruppe stark mit sinkenden Auflagezahlen zu kämpfen. Im zweiten Quartal 2025 lag die verkaufte Auflage der Regionalzeitungen in Nordrhein-Westfalen bei rund 311.000 Exemplaren (IVW), zu Beginn des Jahrtausends waren es noch knapp dreimal so viele. Dennoch ist die WAZ nach wie vor die größte regionale Tageszeitung in Deutschland.

Originalartikel
Nie mehr Wehrpflicht: Drei Gründe, warum sie ein Fehler wäre
WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (WAZ)Christian Kerl
06.03.2024 · 3 Minuten · Deutsch
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