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Perspektive

zur Debatte vom 16. Juli 2021
Echokammern, Shitstorms, Hate Speech: Sind soziale Medien eine Gefahr für die Debattenkultur?
Pro

In einer anonymen Debatte ist der Ton viel rauer und härter

Die Perspektive in 30 Sekunden

Nicht jede Debatte müsse ein Problem beseitigen oder in einer großen Einsicht enden, findet Ansgar Kemmann, Leiter von „Jugend debattiert“, im Interview mit der VODAFONE STIFTUNG. Zumindest aber gelte es, ein „produktives Nichteinverständnis“ zu finden, um weiter im Gespräch zu bleiben, zitiert Kemmann den Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen. Im Netz sei das viel schwieriger als im realen Gespräch unter vier Augen.

Eine anonymisierte oder auch nur technisch abstrahierte Kommunikation könne leicht zu Enthemmung und Verrohung führen, lasse Gespür und Takt in den Hintergrund treten. Im Netz könne man Menschen auf Knopfdruck herbeirufen und auch wieder verschwinden lassen, was den eigenen Launen eine unglaubliche Macht gebe. „Zudem sind viele Menschen in ihrer eigenen Perspektive so gefangen, dass sie es nicht mehr ertragen können, wenn andere anders denken, und dann mit großer Empörung reagieren.“

Die Netzdebatte schaffe eine unnatürliche Distanz zum Gegenüber. Wo der:die Gesprächspartner:in in den sozialen Medien rasch gesichtslos erscheine, lasse sich in einer realen Debatte viel leichter erkennen, was das Gesagte bewirkt. Für Empathie und ein Bewusstsein über die eigenen Worte sei das elementar: „Sich wirklich in die Augen schauen zu können, ist eine wichtige zivilisierende Möglichkeit.“

Anmerkung der Redaktion

Ansgar Kemmann ist Rhetoriker sowie Mitentwickler und Leiter des Schüler:innenwettbewerbs „Jugend debattiert“. Bei dem Wettbewerb müssen in einer gesellschaftspolitischen Debatte vier Schüler:innen jeweils eine klare Pro- oder Kontra Meinung einnehmen. Kemmann ist außerdem Mitinitiator des Formats „Offene Parlamentarische Debatte“, einer akademischen Debattiermeisterschaft. Er hat mehrere Bücher über Rhetorik und das Debattieren geschrieben.

 

 

Die VODAFONE STIFTUNG ist ein Think Tank in Berlin und Düsseldorf, der von Vodafone Deutschland getragen wird, einer Tochterfirma des britischen Mobilfunkanbieters Vodafone. Die Stiftung konzentriert sich auf die Themen „Kompetenzen für die digitale Arbeitswelt“ und „Demokratie in der digitalen Gesellschaft“ und setzt digitale Bildungsprojekte in Zusammenarbeit mit Politiker:innen, Wirtschaftsvertreter:innen und Personen aus der Zivilgesellschaft selbst konkret um, anstatt sie nur zu fördern. In Deutschland gibt es eine Reihe von unternehmensnahen Stiftungen, die sich mit Bildungs- und Wissenschaftsthemen auseinandersetzen. Geförderte Wissenschaftler:innen und Initiativen begrüßen das, da die Stiftungen – losgelöst von der Bürokratie des Förderbetriebs – Projekte und Forschung konkreter und unkomplizierter vorantreiben können. Viele Bildungspolitiker:innen, Student:innenvertretungen und Gewerkschaftler:innen kritisieren die Stiftungen dagegen, da sie sich ihrer Meinung nach ohne demokratische Legitimation in öffentliche Themen einmischen, eine neoliberale Agenda verfolgen und das Ziel hätten, deutsche Schulen und Universitäten zu wettbewerbsgetriebenen Einrichtungen zu machen.

Originalartikel
„Viele Menschen sind in ihrer eigenen Perspektive so gefangen, dass sie es nicht mehr ertragen können, wenn andere anders denken“
VODAFONE STIFTUNGAnsgar Kemmann
16.06.2021 · 3 Minuten · Deutsch
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