Perspektive

Kriminalstatistik 2019: Zahl politisch motivierter Straftaten nimmt um 14 Prozent zu
Jüdischer Zentralrat: Schulen müssen "mehr Medienkompetenz" vermitteln
Die Perspektive in 30 Sekunden
Die Kriminalstatistik 2019 verzeichnet einen deutlichen Anstieg antisemitischer Straftaten. Als Reaktion darauf fordert der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nun eine bessere Aufklärung an Schulen. Im Interview mit dem TAGESSPIEGEL sagt er, dass sowohl „mehr Medienkompetenz als auch eine bessere Wissensvermittlung über die Schoa und das Judentum insgesamt“ nötig seien.
Des Weiteren müsse Antisemitismus vor Gericht geahndet werden. „Das könnte sich jetzt bessern, weil es zunehmend Antisemitismusbeauftragte bei den Staatsanwaltschaften gibt und antisemitische Motive ausdrücklich als strafverschärfend ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden sollen“, erklärt Schuster.
Dass die Mehrheit der antisemitischen Straftaten von Rechtsextremisten verübt wird, wie es die Kriminalstatistik ausweist, kann Schuster bestätigen. Er gehe jedoch davon aus, dass der Anteil antisemitischer Straftaten, der von anderen Gruppen ausgeht, tatsächlich höher ist, als er in der Statistik ausgewiesen wird. „Im Alltag sind Juden auch mit Antisemitismus durch Muslime konfrontiert. Ich habe den Eindruck, dass sich das in der Statistik noch nicht ganz realistisch widerspiegelt“, so Schuster.
Als eine Ursache für den Anstieg an antisemitischen Straftaten sieht er „zu viel Hate Speech gegen Juden“ im Internet. Die Folge davon sei, dass Juden im Alltag vermeiden würden, als Juden erkannt zu werden.
Anmerkung der Redaktion
Frank Jansen ist Journalist, Publizist und seit 1990 für den TAGESSPIEGEL tätig. Der studierte Politikwissenschaftler beschäftigt sich hauptsächlich mit Rechtsextremismus, Ostdeutschland und islamistischen Terrorismus. Er schreibt unter anderem auch für das Dossier Rechtsextremismus der Bundeszentrale für politische Bildung, DIE ZEIT und CICERO.
Josef Schuster ist seit November 2014 Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland.
Er ist außerdem Vizepräsident des World Jewish Congress und des European Jewish Congress
DER TAGESSPIEGEL ist eine 1945 gegründete Tageszeitung aus Berlin. Chefredakteur ist Christian Tretbar. Die verkaufte Auflage betrug im zweiten Quartal 2025 rund 99.000 Exemplare. Im Unterschied zur BERLINER ZEITUNG wird DER TAGESSPIEGEL traditionell vor allem in den westlichen Bezirken der Stadt gelesen, da die Mauer die Verbreitung der Zeitung auf Westberlin beschränkt hatte. Seit 2014 erhält DER TAGESSPIEGEL besondere Aufmerksamkeit durch den Checkpoint Newsletter, der täglich aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft berichtet. EUROTOPICS beschreibt die Blattlinie der Zeitung als liberal. DER TAGESSPIEGEL wurde lange Zeit den regionalen Zeitungen zugerechnet, verfolgt seit einigen Jahren jedoch verstärkt eine überregionale Ausrichtung. Die Printauflage bleibt jedoch stark regional dominiert. Laut einem Ranking von KRESS.DE war DER TAGESSPIEGEL im ersten Quartal 2023 die meist zitierte Regionalzeitung Deutschlands. Infolge einer Kolumne vom 6. Februar 2022 des ehemaligen Chefredakteurs Harald Martensteins, geriet die Chefredaktion des TAGESSPIEGELS in Kritik. In dem Artikel schrieb Martenstein, dass das Tragen von Judensternen auf Corona-Demonstrationen „sicher nicht antisemitisch“ sei, da sich die Demonstranten mit den Juden als Opfer identifizierten. Daraufhin hat sich die TAGESSPIEGEL-Chefredaktion distanziert und den Online-Beitrag depubliziert. Mit dem Weggang von Martenstein wurde dem jetzt alleinigen Chefredakteur Christian Tretbar vorgeworfen, die Leserschaft im Unklaren gelassen und der Öffentlichkeit gegenüber die Unwahrheit gesagt zu haben.


