Perspektive

Sollten Schulbesuche in KZ-Gedenkstätten Pflicht sein?
Pflichtbesuche an Gedenkstätten rufen womöglich genau die falsche Reaktion hervor
Die Perspektive in 30 Sekunden
Niko Lamprecht ist Vorsitzender des Verbands der Geschichtslehrerinnen und -lehrer Deutschlands. Er ist gegen Pflichtbesuche in KZ-Gedenkstätten. Denn damit würde nicht das gewünschte Ergebnis erzielt werden, sagt er im Interview mit der Journalistin Hannah Schmitz für die jüdische Wochenzeitung JÜDISCHE ALLGEMEINE.
Lamprecht erinnert dabei an die Zeit der DDR, wo es viele Gedenktage gegeben hat. Für Lamprecht waren das bloß Pflichtübungen und Rituale. Als die DDR unterging, ist dort sehr schnell der Rechtsextremismus zurückgekommen, erinnert er. Das macht ihm Sorgen. Er befürchtet: So etwas kann auch heute wieder passieren, wenn Besuche in Gedenkstätten nur aus Zwang stattfinden.
Trotzdem ist Lamprecht überzeugt, dass Besuche in KZ-Gedenkstätten auch heute noch Sinn machen. Aber die Schulen brauchen dabei mehr Unterstützung. „Bislang ist allein schon die Organisation einer solchen Reise zu einer Gedenkstätte ein Hürdenlauf“, berichtet Lamprecht. Darum fordert er, dass solche Fahrten einfacher gemacht werden.
Anmerkung der Redaktion
Niko Lamprecht ist Vorsitzender des Verbands der Geschichtslehrkräfte Deutschlands. Dieser Verband vertritt die Interessen der Geschichtslehrer:innen und setzt sich für die Forderung des Fachs in der Schule ein. Lamprecht ist zudem Schulleiter des Carl-von-Ossietzky-Oberstufengymnasiums in Wiesbaden. Er unterrichtet Geschichte, Musik, Politik und Wirtschaft. Zu diesen Fächern hat Lamprecht auch mehrere pädagogische Bücher veröffentlicht.
Hannah Schmitz ist Journalistin und schreibt als Redakteurin für die JÜDISCHE ALLGEMEINE. Sie berichtet in den Bereichen Gesellschaftspolitik, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Erinnerungskultur.
Die JÜDISCHE ALLGEMEINE wird vom Zentralrat der Juden in Deutschland herausgegeben. Sie ist die einzige jüdische Wochenzeitung Deutschlands und hat nach eigenen Angaben eine Auflage von rund 10.000 Exemplaren. Seit 2021 wird die Auflage der Zeitung nicht mehr der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern gemeldet. Der Webauftritt der Zeitung hat laut Similarweb im Januar 2023 rund 299.000 Besuche zu verzeichnen gehabt. Finanziert wird die Zeitung zu einem Drittel vom Zentralrat der Juden in Deutschland und zu zwei Dritteln aus Werbeeinnahmen und Abonnements. Das brachte der Zeitung häufiger den Vorwurf ein, stark vom Zentralrat beeinflusst zu werden.


