Perspektive

🗳 Ist die Schuldenbremse noch zeitgemäß?
Wie andere Länder mit ihren Schulden umgehen
Die Perspektive in 30 Sekunden
Die Schuldenregeln auf Ebene der Europäischen Union sehen im Kern vor, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Die Debatte um Staatsverschuldung ist daher nicht nur in Deutschland aktuell. Auch andere Länder deckeln ihre Defizite. Dabei unterscheiden sich die Ansätze – und die Disziplin. Das ZDF hat dazu einen Überblick zusammengestellt.
Anders als Deutschland hat Frankreich beispielsweise keine in der Verfassung verankerte Schuldenbremse und setzt traditionell stärker auf schuldenfinanzierte Investitionen statt auf sparsames Haushalten. „Das Durchboxen strikter Sparauflagen ist im Nachbarland seit jeher unpopulär“, weiß die ZDF-Redaktion. „Auch während der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs stützte Paris Firmen sowie die Kaufkraft der Bevölkerung mit üppigen Milliardenhilfen.“ Entsprechend gehöre Frankreich mit seiner Verschuldung in der EU zu den Tabellenletzten.
In Italien ist die Haushaltsdisziplin eigentlich in der Verfassung verankert. Der Mechanismus ähnelt laut dem ZDF auch der deutschen Schuldenbremse, mit Raum für Ausnahmen und Interpretationen. So ist eine höhere Neuverschuldung bei „außergewöhnlichen Ereignissen“ erlaubt, wenn das Parlament mit absoluter Mehrheit zustimmt. „In der Praxis der italienischen Politik ist die Selbstverpflichtung zu mehr Disziplin jedoch längst nicht angekommen“, schreibt das ZDF. So sei der Schuldenberg seit 2012 nicht niedriger geworden, sondern deutlich höher.
In Großbritannien gibt es laut dem ZDF keine gesetzliche Schuldenbremse, jedoch fiskalische Ziele. „Dazu gehört, dass die Nettokreditaufnahme der öffentlichen Hand im fünften Jahr einer Schätzungsperiode nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen soll“, so die ZDF-Redaktion. Zudem gibt es einen Deckel für Sozialausgaben. Beide Ziele können jedoch im Falle eines „erheblichen Negativschocks für die britische Wirtschaft“ vom Finanzministerium ausgesetzt werden.
Über Schulden wird auch in den USA gestritten. Dort legt der Kongress in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Die Grenze wurde seit ihrer Einführung vor mehr als hundert Jahren dutzendfach erhöht, da sonst das Geld ausgegangen wäre, informiert die ZDF-Redaktion. Über die Anhebung der Schuldenobergrenze kommt es zwischen Republikanern und Demokraten regelmäßig zum Streit. So schlittert die größte Volkswirtschaft der Welt immer wieder nur knapp an einem Zahlungsausfall vorbei.
Anmerkung der Redaktion
ZDF.DE ist die Onlinepräsenz des öffentlich-rechtlichen ZWEITEN DEUTSCHEN FERNSEHENS (ZDF). Das ZDF ist eine der größten Sendeanstalten in Europa und hat seinen Sitz in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz. Als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks finanziert sich der Sender vor allem über den Rundfunkbeitrag und ist per Programmauftrag dazu verpflichtet, objektiv und ausgewogen zu berichten. Der Einfluss der ZDF-Aufsichtsgremien (Fernsehrat, Verwaltungsrat), die hochrangig politisch besetzt sind, gilt als stark. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2014 darf im Verwaltungsrat maximal ein Drittel der Mitglieder „staatsnah“ besetzt sein, derzeit sind das unter anderem die ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Dreyer ist die Vorsitzende des Verwaltungsrats. Laut dem Institut für Medien- und Kommunikationspolitik orientiert sich der Sender medienpolitisch an der britischen BBC und setzt verstärkt auf eine Präsenz im Internet. Die dauerhafte Herausforderung des ZDFs ist seit Jahren dennoch die Bindung jüngerer Publikumsschichten.
