Perspektive

Ist unser demokratisches System noch stabil?
Woran merkt man überhaupt, dass eine Demokratie in der Krise steckt?
Die Perspektive in 30 Sekunden
Wann steckt eine Demokratie überhaupt in einer Krise? Die LANDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG BADEN-WÜRTTEMBERG hat dazu verschiedene Merkmale aufgelistet.
Als Hauptgrund für eine „Krise der Demokratie“ wird häufig die wachsende Zustimmung für rechtspopulistische Parteien in der Bevölkerung herangezogen. Entsprechende Beispiele sind in verschiedenen Ländern Europas zu beobachten – etwa in Ungarn oder Polen, wo populistische Parteien in der Vergangenheit die Rechtsstaatlichkeit nach ihrer Machtübernahme eingeschränkt haben. Aber auch in Österreich, den Niederlanden oder Frankreich sind rechtspopulistische Parteien auf dem Vormarsch.
Ein weiterer Hinweis für eine Krise der Demokratie ist die sinkende politische Beteiligung. Mangelnde Beteiligung bei Wahlen ist laut LANDESZENTRALE häufig ein Indiz für Kritik am demokratischen System oder Politikverdrossenheit. Bevölkerungsumfragen ergeben zudem, dass das Vertrauen in die Demokratie abnimmt. Viele Menschen äußern laut der LANDESZENTRALE Skepsis oder fehlendes Vertrauen in Staatsorgane und staatliche Institutionen wie Parlamente, Regierungen und Gerichte. Die Befragten haben demnach das Gefühl, sie könnten nicht richtig mitwirken und ihre Meinung wird nicht beachtet. „Entsprechend ist es wenig verwunderlich, dass verschiedenen Umfragen zufolge mehr als die Hälfte der Deutschen mit der Demokratie wenig oder gar nicht zufrieden ist“, heißt es bei der LANDESZENTRALE. Die große Mehrheit befürworte zwar nach wie vor die Demokratie als Staatsform und positioniere sich offensiv demokratisch. Gleichzeitig scheinen sich rechtsextreme Einstellungen auch in der Mitte der Gesellschaft zu verbreiten.
Zu einer möglichen Krise der Demokratie tragen auch politische Prozesse bei, wie die LANDESZENTRALE erläutert. Demnach entsteht der Eindruck, dass Gesetzesvorschläge nicht mehr breit und offen im Parlament von allen Parteien diskutiert werden, sondern in einem kleinen Kreis beschlossen und dann „durchgewunken“ werden. Zudem gewinnen auch globale Konzerne an Bedeutung. Beziehungen zwischen Konzernen und Staaten sowie Staaten untereinander werden dadurch komplizierter und schwerer durchschaubar, heißt es bei der LANDESZENTRALE.
Eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob eine Demokratie in der Krise ist, gibt es laut der LANDESZENTRALE nicht. In den letzten Jahren lassen sich der Institution zufolge zwar durchaus Entwicklungen beobachten, die die Demokratie auf lange Sicht bedrohen können. Dazu gehöre vor allem der Aufstieg populistischer Parteien. „Aber es gibt auch positive Entwicklungen, die zeigen, dass den Menschen die Demokratie wichtig ist und sie sich nach wie vor am politischen Prozess beteiligen wollen – wenn auch nicht unbedingt auf dem klassischen Weg des Wahlvorgangs“, heißt es. „Es kommt also darauf an, an welchen Indizien man das Funktionieren der Demokratie misst.“ Gerade viele Medien konzentrieren sich laut der LANDESZENTRALE eher auf die negativen Aspekte und kommen so zu einem vorschnellen Urteil.
Anmerkung der Redaktion
Die LANDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG BADEN-WÜRTTEMBERG (LPB-BW) ist die zentrale Einrichtung für außerschulische politische Jugend- und Erwachsenenbildung im Land Baden-Württemberg. Sie fördert und vertieft die politische Bildung in Baden-Württemberg auf überparteilicher Grundlage und bietet dafür jedes Jahr über 1.000 Veranstaltungen an. Die LPB-BW hat ihren Hauptsitz in Stuttgart und geht aus der im Jahr 1972 gegründeten Arbeitsgemeinschaft „Der Bürger im Staat e.V.“ hervor. Sie hat ein Aufsichtsgremium, das „Kuratorium“, dem 17 Landtagsabgeordnete und sieben weitere sachverständige Persönlichkeiten angehören und beschäftigt rund 80 Mitarbeiter:innen in vier Abteilungen. Hauptaufgabe der LPB-BW ist es, die Menschen in Baden-Württemberg dabei zu unterstützen, sich aktiv in die demokratische Gesellschaft einzubringen.